Es ist einer der bedeutendsten musikalischen Wendepunkte des 20. Jahrhunderts: der Übergang vom Blues zum Rock’n’Roll. Diese fünfzehn Künstlerinnen und Künstler waren maßgeblich daran beteiligt, die Grundsteine für die Entwicklung der Rockmusik zu legen. Achtung Spoiler: der „King“ Elvis Presley taucht in der Auflistung erst ziemlich weit hinten auf!
Ike Turner
Nicht wenige sind der Meinung, dass es sich bei dem Song „Rocket 88“ um das erste Rock ’n’ Roll-Stück aller Zeiten handelt. Die Nummer entsteht Anfang März 1951 und wird von einer Gruppe namens Jackie Brenston And His Delta Cats eingespielt. Hinter dem Namen verbergen sich allerdings Ike Turner And His Kings Of Rhythm, was Ike Turner theoretisch zu einem der ersten Interpreten des Rock macht.
Praktisch ist es natürlich nicht so einfach, denn musikalische Entwicklungen kommen selten plötzlich, sondern meist schleichend. Turner durfte sich aber in jedem Fall damit rühmen, dabei gewesen zu sein.
Fats Domino
Ein weiterer Anwärter auf den Titel „Erster Rock ’n’ Roll-Künstler“ ist Fats Domino, der bereits im Dezember 1949 den Song „The Fat Man“ veröffentlicht. Hier scheiden sich die Geister: Ist das noch Rhythm and Blues oder schon Rock ’n’ Roll? So oder so: Fats Domino gehört zweifelsohne zu den wichtigsten frühen Figuren der Rockmusik und beeinflusst mit seiner Musik viele spätere Größen des Genres. Einer seiner rockigsten Hits, der auch heute noch perfekt tanzbar ist: „I’m Walkin’“ von 1957. Domino wurde 89 Jahre alt und blieb bis zu seinem Tod im Jahr 2017 aktiv.
Roy Brown
Ebenfalls einer der frühesten Rock ’n’ Roll-Vertreter ist Roy Brown, der 1948 seinen Song „Good Rockin’ Tonight“ veröffentlicht und damit einen wichtigen Beitrag zur Etablierung der Genrebezeichnung „Rock“ leistet. Laut Paul McCartney Project handelt es sich bei dem Stück um eine der frühen erfolgreichen Nummern, in der „to rock“ nicht für Matratzensport steht, sondern für die damals neue Musikrichtung. Einen der größten Ritterschläge seiner Karriere erhält Brown leider nur posthum, denn 1990 nennt Rocklegende Little Richard den 1981 verstorbenen Brown als große Inspiration.
Big Joe Turner und Pete Johnson
„Shake, rattle and roll!“ — Diese Textzeile haben wohl die meisten von uns schon einmal gehört, ob von Bill Haley & His Comets oder in der unbekannteren Version von Elvis Presley. Komponiert wird der Song allerdings von einem Herrn namens Big Joe Turner, der am 18. Mai 1911 in Kansas City (Missouri) zur Welt kommt und ab da viel zur Entwicklung des Rock ’n’ Roll beiträgt. Das Gleiche gilt für den Boogie-Woogie-Pianisten Pete Johnson, mit dem Big Joe Turner während seiner gesamten Karriere eng zusammenarbeitet.
Sister Rosetta Tharpe
Sister Rosetta Tharpe erkennt schon früh die Macht der E-Gitarre und begleitet ihren Gospelgesang bereits in den Dreißiger- und Vierziger-Jahren mit dem elektrisch verstärkten Instrument. Nicht nur das: Tharpe ist damals eine der ersten Künstlerinnen und Künstler, die ihre E-Gitarre stark verzerrt spielen, womit sie der Entwicklung des „Electric Blues“ die Tür öffnet. Der wiederum ist in den Anfangstagen der Rockmusik unverzichtbar, weshalb es absolut nicht überrascht, dass Sister Rosetta Tharpe auch als „Mother of Rock and Roll“ bezeichnet wird.
Rock Oldies
Rock Oldies
Ihr wollt in die frühen Jahre des Rock eintauchen? Lasst Euch von diesem Stream auf eine kleine Zeitreise mitnehmen!
Chuck Berry
Als „Father of Rock and Roll“ gilt Chuck Berry, denn mit seinen Gitarrensoli, seinem Entertainer-Talent und bahnbrechenden Songs wie „Maybellene“ (1955), „Roll Over Beethoven“ (1956), „Rock And Roll Music“ (1957) und „Johnny B. Goode“ (1958) gehört der Gitarrist aus St. Louis zu den ersten Musikern, die sich in dem damals neuen Genre zuhause fühlen. Bereits Ende der Fünfziger-Jahre kennt man ihn in den ganzen USA, womit er einer der ersten „richtigen“ Rockstars sein dürfte. Alleine war er damit natürlich nicht.
Bo Diddley
Auch Bo Diddley spielt eine zentrale Rolle, wenn es um die Weiterentwicklung des Blues zur Rockmusik geht. So ist sogar ein Beat nach ihm benannt, der sogenannte „Bo Diddley Beat“, der überall in der Rock- und Popmusik zu hören ist. Ob Elvis Presley, die Beatles, die Rolling Stones oder The Clash: Sie alle lassen sich als junge Musiker mehr oder weniger von Bo Diddley und seinem einzigartigen Gitarrenspiel beeinflussen. Darüber hinaus legt Bo Diddley zu Lebzeiten wichtige Grundsteine für den Hip-Hop, aber darüber wollen wir gerade natürlich nicht schreiben.
Little Richard
Die lustigen Bezeichnungen gehen uns nicht aus: Als „Architect of Rock and Roll“ wird Little Richard beschrieben, der am 5. Dezember 1932 in Macon (Georgia) zur Welt kommt. Sein erster Hit gelingt ihm 1955 mit „Tutti Frutti“; „Long Tall Sally“ landet sogar auf Platz eins der US-Singlecharts und markiert endgültig Richards Durchbruch. Der ist übrigens noch umso beeindruckender, wenn man sich noch einmal ins Gedächtnis ruft, wie Richards Startbedingungen in den Dreißigern aussehen. Das Leben als Schwarzer homosexueller Mann in den Südstaaten dürfte damals kein Spaß gewesen sein.
Johnny und Dorsey Burnette
Die Burnette-Brüder und ihr Rock ’n’ Roll Trio finden 1951 in Memphis (Tennessee) zusammen, von wo aus die Gruppe einen jahrelangen Siegeszug antritt, zum Beispiel mit dem Hit „You’re Sixteen, You’re Beautiful (And You’re Mine)“. Zwar gehört die Band nicht zu den allergrößten Namen der Rockgeschichte, doch wenn eine Gitarrenlegende wie Led-Zeppelin-Klampfer Jimmy Page die Gruppe in den Himmel lobt, wird es dafür gute Gründe geben. Und noch ein Fun Fact am Rande: Der Sohn von Dorsey Burnette ist niemand geringeres als der spätere Fleetwood-Mac-Gitarrist Billy Burnette.
Bill Haley
Dass Bill Haley zu den ersten Rock ’n’ Roll-Künstlern aller Zeiten gehört, ist richtig, doch vor allem gehört er zu den ersten weißen Rock ’n’ Roll-Künstlern aller Zeiten. In den Fünfzigern möchten viele US-Amerikaner mit „Schwarzer Musik“ noch nichts zu tun haben, weshalb Bill Haley und seine Band als Türöffner fungieren und den Rock ’n’ Roll ins Blickfeld der Weißen holen. Die Welt wäre eine bessere, wenn man sich diesen Umweg hätten sparen können, doch immerhin: Dadurch, dass Haley der „Schwarzen Musik“ eine Bühne gibt, rücken später auch die Erfinder des Rock ins verdiente Rampenlicht.
70er Rock
70er Rock
Von Rock ’n’ Roll und Rockabilly zu Rock: Die Urväter haben den Grundstein gelegt, spätestens ab den 70ern geht es richtig ab! Es ist die Hochzeit des Glamrocks und aus Hard Rock entsteht langsam aber sicher Heavy Metal.
Johnny Ray
Auch Johnny Ray zählt zu den ersten weißen Künstlern der Rockmusik und beeinflusst das Genre zu Beginn vor allem durch seinen Gesangsstil. Eigentlich ist Ray nämlich im Pop zuhause, doch durch die Beimischung von Elementen aus Blues und Gospel bringt er das weiße Publikum mit der ihnen fremden Musikrichtung in Berührung und öffnet damit eine weitere wichtige Tür für den Rock ’n’ Roll. Was viele nicht wissen: Lange vor den großen Erfolgen von Elvis Presley und den Beatles gab es auch bei den Konzerten von Johnny Ray bereits Krawalle und Ausschreitungen. Ist er dann damit vielleicht der erste echte Rockstar?
Carl Perkins
Zu einer der wesentlichen Blüten des Rock ’n’ Roll zählt der Rockabilly, der in den Fünfzigern dadurch entsteht, dass überwiegend weiße Musiker die Rhythm and Blues-Musik der schwarzen Musiker mit Country vermischen. Zu den berühmtesten Vertretern dieser Richtung gehört Carl Perkins, der am 19. Dezember 1955 einen der berühmtesten Rock’n’Roll-Standards aller Zeiten aufnimmt: „Blue Suede Shoes“. So richtig bekannt wird die Nummer aber erst durch den Künstler, der das Stück nur anderthalb Monate später noch einmal aufnimmt.
Elvis Presley
Johnny Ray in allen Ehren, aber der erste große Rockstar aller Zeiten ist und bleibt Elvis Presley. Mit seinem Hüftschwung und seiner einzigartigen Stimme bringt er in den Fünfziger-Jahren Millionen von US-Teenagern zum Kreischen, verkauft in einem nie da gewesenen Ausmaß Platten und sorgt endgültig dafür, dass sich eine ganze Generation für die neue Musikrichtung namens Rock ’n’ Roll begeistert. Ende der Sechziger feiert er ein großes Comeback; seinen Karriereabend verbringt er in einem tragischen Gesundheitszustand in Las Vegas. Am 16. August 1977 stirbt er mit nur 42 Jahren.
Jerry Lee Lewis
Wer im Alter von 22 Jahren seine 13-jährige Cousine heiratet, ist mindestens suspekt, doch in der Rock ’n’ Roll-Welt gehört Jerry Lee Lewis ohne Zweifel zu den großen Genies. „Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“, „Great Balls Of Fire“, „High School Confidential“: Das sind nur drei der Hits, die der Musiker aus Louisiana im Lauf seiner musikalischen Biografie landen kann. Immerhin: Die Öffentlichkeit reagiert angemessen auf Lewis’ Hochzeit mit einem minderjährigen Familienmitglied. Als der Skandal 1957 ans Licht kommt, gehören die großen Erfolge des Musikers schnell der Vergangenheit an.
The Beatles
Bei den Beatles laufen alle Fäden zusammen. Andere haben die Rockmusik erfunden; einen Superstar hat es mit Elvis Presley auch schon gegeben. Doch die vier Engländer John, Paul, George und Ringo erobern die Welt als erste Band mit ihren eigenen Songs und verbreiten den Rock in alle nur erdenklichen Richtungen. Mode, Film, Fernsehen und sonstige Medien: Mit den Beatles ändert sich ab Beginn der Sechziger einfach alles. Noch heute gibt es für die „Fab Four“ nur eine valide Bezeichnung: die größte Rockband aller Zeiten.